Rechtsanwalts- und Mediationskanzlei

Kommt Ihnen das bekannt vor?

Frau Mitschek ist in einem kleinen mittelstän­dischen Unternehmen Sekretärin des Geschäftsführers, Herrn Kramer. Eines Tages muss sie auf ihrer monatlichen Gehaltsabrechnung feststellen, dass ihr Gehalt um 200,- € gekürzt worden ist. Nach Rücksprache mit der Finanzverwaltung, die durch die Frau des Geschäftsführers durchgeführt wird, heißt es, dieser habe sie angewiesen, diesen Betrag wieder einzusparen. Er sei ihr zwar seit 1 1/2 Jahren gezahlt worden, aber nicht als Gehalts­erhöhung, sondern als Entlohnung für die Über­nahme der Finanzbuchhaltung. Nun sei sie, Frau Kramer, ja dafür da und die Arbeit müsse nicht mehr von Frau Mitschek erledigt werden. Damit sei auch der Grund für die übertarifliche Bezahlung weg­gefallen und die Kürzung des Gehalts um die 200,- € gerechtfertigt. Über dieses Ereignis regt sich Frau Mitschek so auf, dass ihre tägliche Arbeit stark darunter leidet.

Auf Vorschlag der Personalabteilung, die durch die Beschwerden des Geschäftsführers auf die Un­stimmigkeiten zwischen ihm und seiner Sekretärin aufmerksam wird, kommt es zu einer Mediation zwischen beiden. Im Erst­gespräch stellt sich heraus, dass die Kürzung der 200,- € nur die Spitze des Eisbergs darstellt. Frau Mitschek fühlt sich bereits seit langer Zeit durch die Aufträge ihres Chefs überfordert. Erst kurz vor Feierabend übergebe er „noch heute“ zu erledigende Schreib­arbeiten von 60 Seiten Umfang, oder Aufträge, die gestern schon raus mussten. Herr Kramer hingegen beklagt die mangelnde Bereitschaft der Frau Mitschek, wenn´s brennt, auch einmal Überstunden zu machen, ihre Unfähigkeit im Umgang mit dem Computer und die mangelhafte Formulierung so manchen Auftrags.

Der weitere Verlauf der Mediation ergibt, dass Frau Mitschek es durchaus nicht ablehnt, auch Überstunden zu machen. Allerdings müssten diese für sie planbar sein, da sie häufig nach Dienst­schluss ihre zweijährige Enkelin betreue, wenn ihre Tochter arbeite. Sie hätte aber nichts dagegen, die Arbeiten vor ihrem eigentlichen Dienstbeginn zu erledigen. Ihre Schwierigkei­ten im Umgang mit dem Computer räumt sie ein. Sie würde jedoch sehr gerne Fortbildungskurse besuchen, was ihr allerdings bislang zeitlich nicht möglich war. Die Formulierung der Aufträge erledige sie nach bestem Wissen und Gewissen, doch fehlten ihr meistens die technischen Kenntnisse, die Herr Kramer allerdings auch nicht ernsthaft von ihr erwarten könne. Daraufhin räumt Herr Kramer ein, dass sein Zeitmanagement bislang nicht gerade das Beste gewesen sei und er sich hier um Besserung bemühen werde. Durch die Möglichkeit des früheren Arbeitsbeginns - der selbstverständlich gesondert vergütet werde - könnte man die Engpässe sicherlich bewältigen. Die Zeit für den Computerkurs werde man in gemeinsamer Absprache mit den anderen Sekretärinnen im Haus abstimmen können. Und was das Formulieren der Aufträge anginge, sei ihm erst gerade klar gewor­den, dass er hier eine Aufgabe auf Frau Mitschek abgewälzt habe, die tatsächlich eigentlich gar nicht in ihren Aufgabenbereich falle. Er habe damit einen Mitarbeiter betraut, der dazu wiederholt nicht in der Lage gewesen war und wollte diesen Mangel durch Frau Mitschek ausgleichen. Das aber sei natürlich der falsche Weg - vielmehr müsse er endlich einmal das Gespräch mit dem Mitarbeiter suchen.

Im Ergebnis einigte man sich darauf, dass die umstrittene Gehaltserhöhung vorerst bestehen bleiben sollte, aber mit der tariflichen Gehaltser­höhung der Folgejahre verrechnet werden wird.

Wann ist Mediation in der Arbeits­welt anwendbar?

In der Arbeitswelt sind viele verschie­denartige Konflikte denkbar. Vergleiche haben gezeigt, dass Mediation in allen Bereichen sinnvoll eingesetzt werden kann.

Bei individualrechtlichen Streitigkeiten, die alle Konflikte zwischen Arbeit­geber (Aus­bilder) und Arbeitnehmer (Aus­zu­bildenden) umfassen, sind dies:

- Konflikte um die Begründung eines Arbeits­/ Ausbildungs­verhältnisses: Auskunfts- und Infor­mations­ansprüche des Arbeit­gebers, Frageverwei­gerungs­recht von Arbeitnehmern

- Konflikte im bestehenden Arbeits-/ Ausbil­dungsverhält­nis: Konflikte um das Verhalten oder die Leistung des Arbeit­nehmers:

*   nicht gemeldete Arbeitsunfähigkeiten

*   eigenmächtige Urlaubsverlängerun­gen

*   unentschuldigtes Zuspätkommen

*   Abmahnungen

*   Entgelt- und Eingruppierungsstreitig­keiten

*   Klagen auf Überstun­denvergütung

*   Konflikte im Zusammenhang mit der Einführung von Gruppen­arbeit und Restrukturierungen

- Konflikte um die Beendigung eines Arbeits-/ Aus­bildungsver­hältnisses: Kündi­gungs­schutz; Herausgabe von Ar­beits­papieren; Zeugnisformulie­rungen.

- Konflikte nach Auflösung eines Ar­beits­/ Ausbildungsverhältnisses.

Streitigkeiten zwischen Arbeitneh­mern: Diskriminierung, Mobbing: verschieden­ste Angriffe auf Persönlich­keitsrechte von Beschäftigten, z.B. rassis­tische Angriffe, Fälle von sexueller Be­lästigung am Ar­beitsplatz.

- Konflikte zwischen Gruppen und Abtei­lungen.

Kollektivrechtliche Streitigkeiten:

- Konflikte zwischen Arbeitgeber und Betriebs­rat, z.B. über die materielle Ausstattung des Betriebsrats (BR), Fragen der Kostenübernahme der Betriebs­rats­arbeit, Beteiligung des BR (insbesondere Konflikte um Verfahren zur Zustimmung zu perso­nellen Maßnahmen, die Gestaltung von Betriebs­vereinbarungen auf der Grund­lage von § 87 BetrVG und schließlich die Einsetzung von Einigungsstellen.)

- Streitigkeiten zwischen Betriebsrat und Arbeit­nehmern: Unzufriedenheit einzel­ner Arbeitnehmer mit der Arbeit des von ihnen gewählten Betriebsrats

- Streitigkeiten zwischen Betriebsratsmit­gliedern: Streitigkeiten zwischen Be­triebsrat und Gewerkschaft z.B. bei Ab­schluss von verschlech­ternden Betriebs­ver­einbarungen und Abkoppelung des Betrie­bes vom Tarifvertrag

- Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber­verbänden und Gewerkschaften, z.B. bei Tarifstreitig­keiten

Wann hilft Mediation?

Bei Konflikten, die mit persönlichen Unver­träglichkeiten zusammenhängen, ist Me­diation in der Anfangsphase wirkungsvoller als nach ihrer Eskalation. Dies gilt beson­ders für die Fälle, die als Mobbing empfun­den werden. Hier ist nach Überschreiten einer gewissen Intensitätsstufe oft schon das Ende vorgezeichnet: Der Ausschluss des Opfers aus seiner Arbeitsumgebung oder sogar aus seinem gesamten Erwerbsleben.

Warum sollte ich mich als Arbeit­geber oder Arbeitnehmer für Mediation entschei­den?

 

Mediation

Arbeitsgericht­liche Gütever­handlung 
(§ 54 ArbGG)

Zügigkeit

Eine betriebs­interne Medi­ation kann schnell in Gang gesetzt werden und kann schnell zu einem Ergebnis führen.

Von der Klageer­hebung bis zur münd­lichen Gütever­handlung ist in Groß­städten ein Zeitraum von bis zu 6 Mo­naten verstrichen, wäh­renddessen der Arbeit­nehmer meist nicht weiter im Unternehmen beschäftigt ist.

Vertrau­lichkeit

Sie bietet Vertraulichkeit.

Das Arbeitsge­richtsverfahren ist öf­fentlich: Die Öffent­lichkeit ist in be­stimmten Angele­genheiten (z.B. in Fällen sexueller Belästi­gung am Ar­beitsplatz) ein nicht zu unter­schätzen­der Nachteil für beide Seiten.

Umfang

In Mediationen kann das Gesamtsy­stem "Betrieb" berücksichtigt werden. Auch andere, nicht un­mittelbar Beteiligte wer­den einbezogen. Vorge­setzte/Arbeitge­ber erhal­ten früh­zeitig Einblick in gestörte Kooperatio­nen.

Güteverhandlun­gen beziehen sich im­mer nur auf einzelne. Der Konflikt wird isoliert und am Ende seiner Eskalation betrachtet.


Konflikt­adä­quanz der Lösung

Es können praxisnahe und "unge­wöhnli­che" Lösun­gen gefunden wer­den (z.B. eine Entschuldi­gung des Arbeitge­bers).

Ein Güteverfah­ren orientiert sich, wie auch das anschlie­ßende streitige Ver­fahren, ausschließlich an Ansprü­chen, die der Kläger oder die Klägerin er­hebt. Dabei handelt es sich um Rechts­ansprüche mit einer be­stimm­ten, fest­geleg­ten Rechts­folge.

Demzufolge stützen sich auch in der Gütever­handlung alle Beteiligten auf Rechts­normen. Der eigentliche Anlass­konflikt wird nicht mehr offen gelegt und bleibt in der Regel unbearbeitet.

Aufgrund der Komplexität und Un­übersichtlich­keit des Arbeits­rechts, auch aufgrund der stark richterrecht­lich bestimmten Auslegung er­geben sich für beide Seiten große Unsi­cher­heiten über den Ausgang des Rechts­streits.

Kein Forma­lismus

Den Betroffenen wird schnell und in­formell die Gelegenheit gegeben, ihre Beschwerde zu äußern.

Es herrscht der übliche gerichtli­che Formzwang.

Kosten

Das Verfahren ist kosten­günstiger.

 

Profes­sionelles Kon­flikt-ma­nage­ment

Mediationsver­fahren wer­den von ei­nem ausgebil­deten Mediator geleitet und finden auf neutralem Gebiet in angenehmer Atmosphäre statt.

Richter und Richterinnen an Arbeits­gerichten wurden bislang kaum in Ver­handlungsfüh­rung, gewalt­freier Kom­munikation oder im Einsatz mediativer Ele­mente ausgebil­det.

Die Gütever­handlung findet im Ge­richtssaal mit dessen einschüchtern­der Innen­architektur statt. Der Rich­ter trägt eine Robe. Die Sitz­ordnung ent­spricht der einer streitigen Ver­hand­lung.

Zeitrah­men

Jedem Verfah­ren wird die Zeit zuge­messen, die die Parteien zur Lösung ihres Konfliktes benötigen.

Die Gütever­handlung wird unter Zeit­druck durchgeführt. Durchschnitt­lich werden in einem Güte­termin ca. 10 Ange­legen­heiten terminiert.

Literatur

Bernd M. Wittschier, Konflixt und zugenäht, Gabler-Verlag 1998

Christina Lenz / Andreas Müller, Business­mediation, Einigung ohne Gericht, mi-Verlag 2000